Mobile Rehabilitation ist ein Leistungsangebot der medizinischen Rehabilitation
Sie wird nach § 40 Abs.1 SGB V von der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt und vergütet. Als Form der ambulanten Rehabilitation hat sie gesetzlich Vorrang vor einer stationären Versorgung.
„Mobile Rehabilitation wird als eine besondere Form der ambulanten Rehabilitation im gewohnten oder ständigen Wohnumfeld des Rehabilitanden erbracht. Dies kann z. B. seine Wohnung, das Pflegeheim oder eine Wohnform der Behindertenhilfe sein. Eine Grundvoraussetzung der ambulanten Rehabilitation ist, dass die häusliche Versorgung und ggf. Pflege sichergestellt ist.
Mobile Rehabilitation unterscheidet sich von anderen Rehabilitationsformen v.a. dadurch, dass sie den Menschen in seinem vertrauten Umfeld rehabilitiert. Relevante Umweltfaktoren können im individuellen Rehabilitationsplan optimal berücksichtigt werden. Der Alltag mit seinen Anforderungen an die alltägliche praktische Lebensführung wird zum Übungs- und Trainingsfeld, ohne dass Transferprozesse für den Rehabilitanden notwendig werden. Hilfsmittel, gewohntes oder ständiges Wohnumfeld und Assistenz der An- und Zugehörigen – einschließlich des Pflegepersonals, wenn der Rehabilitand in einer stationären Pflegeeinrichtung lebt – können bestmöglich einbezogen werden. Die Therapien werden in den üblichen Tagesablauf eingepasst. Belastende Transporte entfallen und Barrieren im Wohnumfeld können abgebaut werden. An- und Zugehörige können den praktischen Umgang des Rehabilitationsteams mit dem Patienten u.a. in der Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens und in kommunikativ schwierigen Situationen kennenlernen. Die Einheit von Behandlung, Beratung, Erprobung und die Integration in den Alltag ist eine besondere Stärke mobiler Rehabilitation. Der Rehabilitationsprozess kann dabei flexibel an das Leistungsvermögen des Patienten im vertrauten Wohnumfeld angepasst werden. … Es kann angezeigt sein, die mobile Rehabilitation in Kurzzeitpflegeeinrichtungen zu beginnen. …“ (Auszug aus: Gemeinsame Empfehlung zur mobilen Rehabilitation >>)
Mobile Rehabilitationsleistungen werden durch ein interdisziplinäres Team (Physiotherapie, Physikalische Therapie, Ergotherapie, Logopädie/Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie, Rehabilitationspflege, Sozialberatung, Neuropsychologie, Ernährungsberatung) unter ärztlicher Leitung auf der Basis einer vorherigen Rehabilitationsplanung in der Häuslichkeit des Rehabilitanden erbracht, auch im Pflegeheim. Durch den Einbezug der wichtigen Kontextfaktoren, wie häusliche Umgebung, soziales Umfeld und Familie, in die Rehabilitation können Ressourcen erschlossen, Barrieren abgebaut und soziale Teilhabe erweitert werden.
Teilhabeziele sind entscheidend
Mobile Rehabilitation kommt in Betracht, wenn individuelle, alltagsrelevante Teilhabeziele der Rehabilitanden/innen im Rahmen der Leistungserbringung im ständigen Wohnumfeld am besten erreicht werden können (positive Rehabilitationsprognose). Dabei spielen adaptive Rehabilitationsstrategien zur Förderung von alltagsrelevanten Aktivitäten und Teilhabe eine wesentliche Rolle.
Mobile Rehabilitation unterstützt den Rehabilitanden in allen Fragen der selbständigen Lebensführung, der Pflege und der aktiven Teilhabe am Leben. Das Ziel der therapeutischen Interventionen ist, dass die Rehabilitanden ihren Alltag bewältigen und wieder ein möglichst selbstständiges Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten führen können.
Aufgrund ihres ressourcenorientierten und sozialen Ansatzes erreicht das aufsuchende Angebot rehabilitationsbedürftige Menschen, die bislang keine Rehabilitationsmaßnahmen erhalten haben oder in anderen Rehabilitationsformen nicht optimal versorgt werden können.
Mobile Rehabilitation schließt ein Case-Management der sozialen Problematik des Rehabilitanden mit ein. Für den Erfolg der Rehabilitation ist die enge Zusammenarbeit mit Kliniken, Pflegediensten, Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen und anderen Leistungserbringern mit ausschlaggebend. Insofern leistet mobile Rehabilitation immer auch einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der Versorgungsstrukturen in einer Region.
Wo gibt es mobile Rehabilitationsdienste?
IIn Deutschland gibt es ambulante Rehabilitationsdienste mit einem Versorgungsvertrag zur mobilen geriatrischen Rehabilitation und zur mobilen neurologischen Rehabilitation. Eine flächendeckende Versorgung ist noch nicht gewährleistet. Der strukturelle Ausbau mobiler Rehabilitationsangebote bleibt eine wichtige und dringende Aufgabe.
Eine Übersicht der Standorte finden Sie hier >>
Mobile geriatrische Rehabilitation
Nach einem Schlaganfall, einem Schenkelhalsbruch, einer schweren Erkrankung der inneren Organe mit verzögerter Heilung (Lungenentzündung, Herzinfarkt) oder einer größeren Operation sind ältere und hochaltrige multimorbide (an mehreren und oft chronischen Krankheiten leidende) Menschen besonders gefährdet, ihre bisherige Selbständigkeit und Alltagsautonomie zu verlieren. Sie sind bei der Wiedererlangung oder Stabilisierung ihrer Fähigkeiten ganz besonders auf Unterstützung angewiesen.
Typische Fragestellungen in einer solchen Situation sind beispielsweise:
- Kann der/die Betroffene trotz der Erkrankung zu Hause bleiben?
- Wie kann der/die Betroffene sich wieder besser bewegen oder sprechen?
- Wie wird der/die Betroffene wieder möglichst selbständig?
- Wie kann der/die Betroffene durch seine Angehörigen/Bezugspersonen besser versorgt werden?
- Wie kann der/die Betroffene die notwendigen Behandlungen erhalten?
- Welche Hilfsmittel braucht der/die Betroffene und wie kann er sie bekommen?
Für wen eignet sich mobile geriatrische Rehabilitation?
Mobile geriatrische Rehabilitation kommt z.B. in Betracht, wenn
- ältere Rehabilitanden/innen aufgrund gerieatrietypischer Multimorbidität bei den Alltagsverrichtungen auf die umfassende Unterstützung durch Angehörige/Bezugspersonen angewiesen sind und
- ein Rehabilitationserfolg im Hinblick auf alltagsrelevante Teilhabeziele am ehesten durch ein Training bzw. die Beratung im häuslichen Bereich angenommen werden kann oder
- Betroffene mit mentalen Funktionsstörungen nur im gewohnten räumlichen und sozialen Umfeld erfolgversprechend an Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen können.
Bei der Allokationsentscheidung soll auch berücksichtigt werden, wenn Rehabilitanden/innen ihren gewohnten Lebensraum (sozialer Schutzraum) nicht (wieder) verlassen wollen, um eine Rehamaßnahme in Anspruch zu nehmen.
Wer verordnet eine mobile geriatrische Rehabilitation?
Eine mobile geriatrische Rehabilitation wird häufig als Folgemaßnahme eines Krankenhaus-aufenthalts durch den Krankenhausarzt angebahnt.
Aber auch im Alltag können (chronische) Erkrankungen fortschreiten und die Teilhabe erheblich beeinträchtigen, ohne dass eine Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Fortschreitende Erkrankungen oder zunehmende Multimorbidität mit Verlust der Fähigkeiten, ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, können eine Rehabilitationsindikation darstellen. Betroffene oder ihre pflegenden Angehörigen/Bezugspersonen sollten die Möglichkeit einer Rehabilitation mit dem behandelnden Arzt besprechen. Der niedergelassene Arzt kann eine mobile geriatrische Rehabilitation veranlassen und die Reha-Antragstellung unterstützen. Der Rehabilitationsantrag wird der Krankenkasse zur Genehmigung vorgelegt.
Das interdisziplinäre Reha-Team
Ein mobiler Rehabilitationsdienst, in dem ein interdisziplinäres Team aus therapeutischen, pflegerischen und sozialen Fachkräften tätig ist, bringt die Rehabilitationsleistungen zu den rehabedürftigen Menschen „nach Hause“. Je nach individueller Indikation behandeln oder beraten Mitglieder des Rehateams den Rehabilitanden und seine Bezugspersonen im vertrauten Lebensumfeld in der Wohnung oder Wohngruppe im Pflegeheim oder ggf. auch in der Kurzzeitpflege. Die Aufgaben des mobilen Teams lassen sich wie folgt kurz beschreiben:
Der Arzt/die Ärztin des Mobilen Rehabilitationsdienstes erstellt einen Rehaplan, koordiniert die Rehabilitation und leitet das therapeutische Team.
Die Reha-Pflegekräfte helfen bei der Aufstellung eines Pflegekonzeptes, einschließlich der Behandlungspflege und beraten bei Hilfsmitteln in der Pflege. Dabei kooperieren sie mit den Pflegediensten und Sozialstationen.
Die Physiotherapie führt Krankengymnastik u. a. auf neurophysiologische Grundlage durch, übt die Grob- und Feinmotorik, die Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer und die Mobilität innerhalb und außerhalb des Hauses.
Die Ergotherapie hilft, bei täglichen Verrichtungen selbständiger zu werden. Dabei wendet sie u. a. Hirnleistungstraining, Koordinationsschulung und feinmotorische Übungen an, um Möglichkeiten der Eigenaktivitäten zu verbessern. Sie leitet die Versorgung mit Hilfsmitteln (z. B. Rollstuhl) ein.
Die Logopädie/Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapeut hilft bei Störungen der Sprache (z. B. Wortfindung), des Sprechablaufes (z. B. Einschränkung der Zungen- und Mundbeweglichkeit) und bei Beeinträchtigung der Stimme. Sollte aufgrund der Erkrankung das Schlucken beeinträchtigt sein, kann dieses mittels gezielten Schlucktrainings wieder verbessert werden.
Die Psychologie/Neuropsychologie untersucht kognitive Funktionsstörungen, trainiert das verbliebene Leistungsvermögen in Zusammenarbeit mit der Ergotherapie und anderen Fachtherapeuten, bietet psychologische Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung sowie bei Depression und Angststörungen und berät die Angehörigen/Bezugspersonen.
Die Ernährungsberatung informiert über Fehl- und Mangelernährung und berät zu Ernährungsfragen.
Die Sozialarbeit berät die Rehabilitanden in sozialrechtlichen Fragen, insbesondere der Leistungsansprüche und hilft bei der Organisation von weiterer Unterstützung, z. B. Assistenz, Pflege und Wohnungsanpassung. Sie unterstützt zusammen mit der Neuropsychologie den Rehabilitanden und sein Umfeld auch in psychosozialen Fragen.
Darüber hinaus können auch Psychotherapeuten, Sporttherapeuten und Masseure/medizinische Bademeister zum Rehateam gehören.
Der Reha-Plan
Zwischen dem Arzt und Rehabilitanden, möglichst auch unter Einbezug der pflegenden Angehörigen/Bezugspersonen, wird ein detaillierter Rehabilitationsplan erstellt, dem gemeinsam abgestimmte individuelle Teilhabeziele zugrunde liegen. Dieser wird im Laufe der Behandlung der aktuellen Situation angepasst, kann bei ggf. erkannten weiteren Problemlagen um weiterführende Maßnahmen und Lösungsmöglichkeiten erweitert werden.
Leistungsumfang und Dauer
In der Regel dauert eine mobile geriatrische Rehabilitation 20 Behandlungstage, mit mindestens 30 Therapieeinheiten a 45 Min.
(Hinweis: Die ausführliche Beschreibung der allgemeinen Grundlagen (u.a. Voraussetzungen, Anforderungen, Leistungsumfang) für die mobile Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und der speziellen indikationsbezogenen Anforderungen, insbesondere der mobilen geriatrischen Rehabilitation sind nachzulesen in „Gemeinsame Empfehlungen zur mobilen Rehabilitation“ vom 01.06.2021 >>).